Alle Tagespflege-Einrichtungen für Senioren sind wegen der Corona-Krise geschlossen: Diese Nachricht kam nicht wirklich überraschend, und doch war sie für viele Familien ein Schock.Bad Tölz-Wolfratshausen – „Viele Angehörige laufen nach wenigen Tagen schon komplett am Limit“, berichtet Ingrid Krafft-Otto, Betreiberin der Tölzer Tagespflege. Ihre Geretsrieder Kollegin Simona Dorn stimmt zu und prophezeit: „Wenn die Sache noch länger dauert, wird es Notgruppen geben müssen.“Bis ein Senior in eine Tagespflege-Einrichtung kommt, ist es oft ein weiter Weg. Meist sind es Ehefrauen, die sich so lange um ihre pflegebedürftigen oder dementen Männer kümmern, bis sie mit ihren Kräften am Ende sind. Die Tagespflege bringt eine Entlastung. Doch jetzt sind viele Angehörige plötzlich wieder sieben Tage die Woche rund um die Uhr mit Pflege beschäftigt. „Das geht an die Kapazitäten der Menschen“, sagt Krafft-Otto. „Zumal man den Leuten ja auch nicht raten kann, dass sie andere Familienmitglieder in die Betreuung einschalten.“ Die Tagespflege-Klientel sei schließlich durch den Virus extrem gefährdet.Was die Sache noch schwieriger macht: Viele Tagespflege-Bewohner seien „sehr körperbezogen“, sagt Krafft-Otto: „Sie umarmen jeden mit Freude. Sie können nicht verstehen, dass das nun nicht mehr möglich ist.“ Krafft-Otto versucht nun, jeglichen Kontakt zur Außenwelt zu meiden. Sie geht nur noch aus dem Haus, um einzukaufen oder um mit dem Hund Gassi zu gehen. „Wir müssen in höchstem Maß für unsere Gesundheit sorgen“, sagt Krafft-Otto. „Wenn sich die Krise verschärft, müssen alle Fachkräfte ausrücken. Wir stehen auf Abruf bereit.“Kein „Liegetaxi mit Blaulicht“: Sanitäter spricht über Arbeit in Zeiten von Corona – und hat KritikAuch Simona Dorn hält Mitarbeiter für Krisensituationen bereit. So kooperiert die Geretsrieder Tagespflege mit einem mobilen Pflegedienst: „Wenn da Mitarbeiter ausfallen, müssen wir einspringen. In solchen Situationen müssen alle zusammenhalten.“ Positiv: Die finanziellen Sorgen halten sich halbwegs in Grenzen. Dorn geht davon aus, dass die Tagespflege-Sätze weiterbezahlt werden. „Wir sind Gott sei Dank gegen solch eine Krise versichert“, ergänzt Krafft-Otto, die zugibt: „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass diese Versicherung mal zum Tragen kommt.“Trauer um Max Sterflinger: Ehrenvorsitzender des SC Rot-Weiß gestorbenDen Betreiberinnen bleibt derzeit nichts übrig als abzuwarten. Krafft-Otto: „Ich hoffe, dass wir die Kurve rechtzeitig gekriegt haben und wir von Verhältnissen wie in Italien und Großbritannien verschont bleiben.“
Quelle: Bad-Tölz-Newsletter, Patrick Staar Tagespflege für Senioren geschlossen: „Angehörige laufen am Limit“ | Bad Tölz